Bereits 1905 beschäftigte sich Wilhelm Büning
mit Planungen, das baufällig gewordene Rathaus in Borken zu
restaurieren und durch Umbau als Rathaus wieder nutzbar zu machen.
…Sogleich will ich zum Bürgermeister wegen des
Rathauses er hat meinen Vater gebeten ihm die Pläne noch mal
zuzustellen, da er die Sachen noch mal den Stadtverordneten
vorlegen will. Soll mich wundern ob doch noch etwas draus wird.
Habe keinen rechten Glauben daran und auch nicht mal übermässige
Lust….(12.7.05)
…Um das Rathausprojekt habe ich mich noch nicht
kümmern können,…(20.7.05)
… Um das Rathausprojekt habe ich mich noch gar
nicht weiter kümmern können. Ich will dem Bürgermeister sagen
er soll sich bis zum zur nächsten Sitzung vertrösten…(27.7.05)
… Gestern ist auch in der Stadtverordneten
Sitzung mein Rathausprojekt zur Sprache gekommen. Die Theaterkritik würde
etwa lauten: “Starker Tageserfolg“. Fürchte aber das das ganze
etwas Strohfeuer war. Ich hatte ein 6 Seiten langes Skriptum beigelegt
in dem ich Für und Wieder erleutert hatte. Es ist glaub ich
beschlossen worden mir ein offizielles Dankschreiben zu schicken mit
der Ausarbeitung der Pläne zu beauftragen und die Perspektive öffentlich
auszustellen. Also Tam-Tam genug. Es war in der ganzen Versammlung nur
eine Stimme für den Abbruch einige waren für billigere Ausführungen
die Meisten aber für Ausführung des Ganzen. Ich warte die Sache sehr
ruhig ab da ich solchen Philisterstrohfeuern nicht zu grossen Wert
beilege. Nun Spaß macht es ja immerhin…(8.8.05)
…Der Rathausentwurf und der neue
Schmitzsche
machen soviel Arbeit, dass ich mich notgedrungen nach einem Gehilfen
umsehen muss, der mir die grobe Zeichenarbeit abnimmt. Wenn man alles
selbst eigenhändig zeichnen soll macht die Sache auf die Dauer doch
keinen Spass da es einfach zu viel wird. Besonders wenn man kein
Sitzfleisch hat und noch nebenbei hinter allen Handwerkern herlaufen
muss….(14.8.05)
… Das Rathausprojekt soll ebenfalls bald fertig
sein und ist noch nicht mal angefangen. Zum Glück bekomm ich Anfang nächster
Woche einen Zeichner sodass ich dann flott weiter zu kommen hoffe….(22.8.05)
… Bei mir hier auf der Bud sitzt jetzt ein
junger Techniker der mir die Zeichnungen fertig macht bin froh, dass
ich nicht mehr jeden Strich selbst machen muss….(29.8.05)
… Ein genaues Datum meiner Ankunft kann ich
noch nicht geben, da ich es noch nicht übersehen kann bis wann die
Rathausarbeit fertig ist. Es wird aber wohl der 13te – 14te d. M.
darüber werden. Bis dahin werden wir uns noch gedulden müssen….(1.10.05)
… Soeben war ich auch beim Bürgermeister und
habe mir die Bestätigung dessen gehört was Wolters mir schrieb…(23.12.05)
Das Projekt zog sich zäh weiter bis 1910, als die
Restaurierung begann...
Ein Artikel der "Münsterschen
Zeitung" schildert einen
"Schelmenstreich" Borkener Bürger, der eine geplante
Restaurierung des historischen Rathauses zunichte machte:
Der
Büningsche Plan, Entwurf vom September 1908 34
"Über das Schicksal des alten Rathauses — gewissermaßen Querriegel vor dem wuchtigen Turm der Stiftskirche
St. Remigius — hatte es schon öfter
Kopfzerbrechen gegeben, nun kam
es aber zu einer öffentlichen Fehde
in der Bürgerschaft: Hie Abbruch — hie Restauration.
Nach den Plänen des aus Borken stammenden Dipl.-Ing. Prof.
Willy Büning, tätig in Berlin,
sollte das Rathaus umgebaut und
restauriert werden, wenn Staat und Provinz einen Zuschuß
von 3000 Mleisteten. Die Hauptsumme sollte aus Überschüssen
der Sparkasse gedeckt
werden. Um die Berechtigung des staatlichen Zuschusses
nachzuprüfen, erschien sogar im November 1909 der damalige
Regierungspräsident von Gescher in Borken.
So
sah nach der Wende des 20. Jahrhunderts das Rathaus auf dem
Marktplatz in
Borken aus, dahinter wird ein Teil des Turmes der Stiftskirche
St. Remigius sichtbar. Rechts stand das Denkmal mit dem fahnenbewehrten Krieger.
Das Ergebnis der Besprechungen und
Beratungen war die Restauration des Rathauses. Am 3. Juli 1910
waren die Abbrucharbeiten an einem Teil des Rathauses
beendet, dessen Torso, durch Stützbalken gesichert, dann
den Umbau über sich ergehen
lassen sollte. Es versteht sich von selbst, daß auch der damalige Provinzialkonservator, Geheimrat Ludorff, ein Wort zur der Erhaltung des
„denkmalwürdigen Hauses" zu sagen hatte. Es gab nochmal
am 20. Juli 1910 vor dem Rat ein wissenschaftliches
Hin und Her zwischen Geheimrat Ludorff und Prof. Büning,
wobei sogar der Plan des Generalkonservators Lutsch, Berlin, zitiert
wurde- jedenfalls war aber der Umbau
Beschluß. Die Opposition blieb aber rührig, auch in
dieser denkwürdigen Sitzung argumentierte sie mit dem sicherlich handfesten Hinweis, daß
in dem umgebauten Rathaus ja noch
nicht einmal die wichtigsten Büros
der Stadtverwaltung untergebracht
werden könnten. Es kam auch zu
faustdicken persönlichen Angriffen,
die zweifellos den Zündstoff für die weitere
Entwicklung der Rathausfrage lieferten.
Und
dann war es in der Nacht zum 31. Juli 1910 soweit:
In den Spalten der „Münsterschen Zeitung" wurde
geschrieben: „Durch einen dumpfen Knall
und erdbebenartigen Stoß wurden in der Nacht gegen
2.30 Uhr die Bewohner unserer Stadt aus ihrer Ruhe
aufgeschreckt. Alles eilte zur Stätte des Unheils, und
da zeigte sich, daß ein großer Teil unseres alten, baufälligen
Rathauses in sich zusammengestürzt war. Schon vor einigen
Wochen hatte man mit dem Abbruch begonnen, weil das Haus zahlreiche Risse zeigte und die Außenmauern
erheblich aus dem Lot gewichen waren. Auf Anordnung der Regierung wurde der Abbruch wieder sistiert mit
der Begründung, daß höhere Kunstinteressen gefährdet würden.
Der ganze Marktplatz bietet einen wüsten Trümmerhaufen, fast
wunderbar ist es zu nennen, daß unser schönes Kriegerdenkmal
nicht mit in Grund und den Boden geschlagen ist. Wäre das Unglück
bei Tage oder gar an einem
Marktage geschehen, so würden unzählige Menschen einen schrecklichen Tod gefunden haben. Fast einstimmig
forderte die Bürgerschaft
den Abbruch des alten, historisch und architektonisch völlig
wertlosen Hauses, durch die so notwendige Markterweiterung und
Freilegung unserer herrlichen
Marktkirche ermöglicht würde ..."
Nach
dem Attentat auf das Borkener Rathaus in der Morgenfrühe des 31. Juli 1910 bot der Marktplatz nur noch einen Trümmerhaufen. Schon jetzt aber hatte die umsturzbegierige Opposition eines erreicht: Der Blick auf die
Remigiuskirche war freier geworden.
Es versteht sich am Rande, daß die
Ortszeitungin
Borken eine so offene Sprache, die wider den amtlichen Stachel löckte, nicht zu schreiben wagte.Die Nachricht über den gewaltsamen Abbruch des Rathauses
machte die Runde um die Welt, erschien sogar in prangenden
Lettern in Nordamerika. Wo war auch solches schon mal geschehen!
Die
amtliche Welt in Borken und Münster aber machte sich auf die Suche
nach den „ruchlosen" Tätern. Es entstand eine
einheitliche Linie von Anfang
bis zum Ende der Untersuchung: Anklage gegen Unbekannt.
Massenhaft wurden Zeugen
aufgeboten, amtlich
wurde eine Belohnung von 200 Mark ausgesetzt. Aber die Täter
wurden nie ermittelt- obwohl ein ganzer
Apparat bis zum Landgericht in
Münster in Bewegung gesetzt wurde. Zwei Borkener kamen
in Verdacht, ein Maurermeister und ein Schreinermeister.
Aber das Landgericht Münster kam im Jahre 1911 zu
keinem Ergebnis. Hinzu kam noch, daß der angebliche
Täter dann nach Nordamerika
verschwunden war. Das Landgericht entschied: In dubio
pro reo! Und heute ist es sogar schwer, einen persönlichen
Blick in die Akten von Münster
zu werfen, den sie sind nicht mehr auffindbar. Aber gesprächsweise
lebt die Erinnerung an jenen Rathaussturz vor 55 Jahrennoch fort,
ein münsterländisches Ereignis, das danach eine ganze Welt
in Stimmung brachte ...
Im 2. Weltkrieg wurde die Borkener
Innenstadt durch den Luftkrieg fast vollständig zerstört.
Wilhelm Büning erstellte ein städteplanerisches Gutachten, das
beim Wiederaufbau den historischen Stadtplan
zu erhalten suchte. In der Öffentlichkeit wurde der Plan jedoch abgelehnt, da
er den zu erwartenden Anforderungen des Verkehrs nicht gerecht
werde.
Er beteiligte
sich auch an der Ausschreibung für den
Neubau des Rathauses, konnte sich jedoch auch damit nicht
durchsetzen.