Mit dem "Haus Phöben"
- auch "Wiesengut Phöben" genannt - hatte Wilhelm Büning Gelegenheit ein Projekt als Gesamtkunstwerk zu
gestalten, an der Ausführung beteiligte er Kollegen der "Vereinigten
Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst".
"Beim
altmärkischen Dorfe Phoeben an der Havel war eine große Ziegelei der
Inflation zum Opfer gefallen. Ein wüster Schuttplatz voll
Ziegelbrocken und Dachpappfetzen blieb zurück. Die Arbeiterkaserne
mit kleinem Wohnhaus waren notdürftig als Wirtschaftsgebäude für
die zugehörigen 300 Morgen Acker und Wiese hergerichtet. Eine
trostlose Wüste inmitten einer reizvollen Wiesenlandschaft, die,
durch schöne Baumgruppen unterbrochen, sich bis zu den sanften Hügeln
am Horizont hinzieht, übernahm der neue Besitzer [der Niederländer
Bouke
Annes Visser]. Es
gehörte viel Mut, Idealismus und Blick für das Wesentliche dazu,
sich hier ein Heim zu schaffen.
Nach
den Wünschen des Bauherrn sollte ein wohnlicher Landsitz entstehen,
der sich unauffällig in die Landschaft einfügte, im Inneren alle
Bequemlichkeiten eines modernen Wohnhauses vereinigte, um so den
Rahmen für ein geselliges Landleben ohne Repräsentation zu bieten.
Eine
gewisse Weitläufigkeit der ganzen Anlage war daher geboten; man geizt
nicht mit Raum und Zeit, wenn man am ruhigen Landleben in behaglicher
Ruhe sich erfreuen will.
Die
seeartig erweiterte Havel greift mit dem zweizackigen Hafenbecken der
früheren Ziegelei weit in das Grundstück ein. Der Wunsch, das
Wohnhaus mit Wasser und Garten zur Einheit zusammenzufassen, war der
Hauptgesichtspunkt, und die in der Nähe stehenden alten, für die
Wirtschaft notwendigen Gebäude mit den neuen zu einer Gruppe zu
vereinigen, ein weiterer schwieriger Punkt des Programms.
So
entstand nach und nach dieser scheinbar willkürliche und zerrissene
Grundriss der Gesamtanlage.
Google-Earth 2007
Plan der
Gesamtanlage
Ansicht über die
Havel von SO (Foto: Gertrud Saupe, Berlin)
Der
Ringwall fasst die ganze Anlage zusammen. Eine Lindenallee führt in
den Wohnhof, der Wohn- und Wirtschaftsgebäude klar voneinander
trennt, und, trotzdem alle Gebäude eng zusammenstehen, allen Lärm
und alle Belästigung des Wirtschaftsgetriebes vom Wohnhaus fernhält.
Die alten Häuser
bilden den Kern der Wirtschaftsgebäude, sie wurden durch
Zwischenbauten verbunden und durch Umbau der Dächer mit der ganzen
Anlage zu einer Einheit verschmolzen.
Der Wohnhof wird in Richtung der Einfahrt von der Garage mit
dem Taubenhaus abgeschlossen. Dieser Giebelbau ist als Masse an der Küche
und den Wirtschaftsgebäuden mehrfach wiederholt, um dem lang
gestreckten Wohnhof architektonischen Halt zu geben. Der Haustür
gegenüber führt ein Torbogen in den Wirtschaftshof.
Nach
dem Wasser und Garten liegt die Gruppe der Wohngebäude, der zweistöckige
Kopfbau flankiert die Lindenallee und öffnet die Fenster seiner
Schlaf- und Wohnzimmer nach Süden. Der anschließende Mittelbau mit
dem Haupteingang, der in eine 13 m lange Halle führt, umschließt die
Hauptwohnräume. Eine weite Terrasse, teilweise überdacht, öffnet
sich zum Garten und Wasser. Zwei niedrige Küchenflügel mit dem
Bootshaus umschließen einen kleinen intimen Rosengarten.
Alle
Bauten sind schmucklos und ohne Zierrat, sie ollen nur durch
Abmessungen und handwerklich gute Arbeit selbstverständlich und
anspruchslos wirken. Sie sind weder "historisch" noch
"modern", nur sachlich und gut gebaut. Als einziger Schmuck
ist die Haustür durch Schnitzereien des Bildhauers Hitzberger
bereichert.
Eingangstür mit der
friesischen Inschrift "Siet U Selfs" auf Deutsch
"Sei Du Selbst" (Foto: 16)
Im Inneren
ist der Grundcharakter der ländlichen Behaglichkeit im gleichen Sinne
gewahrt. Zimmer, Korridore und Treppenhaus haben wohl abgewogene Verhältnisse.
Ein kräftiger Treppenpfosten, ebenfalls von Hitzberger geschnitzt,
einige Kamine mit handwerklich gut geschmiedetem Geschirr und Kaminböcken
von Wilhelm Pruss [Entwurf Wilhelm Büning] sowie die farbige
Behandlung der Räume durch den Maler Dittebrandt zeigen die verständnisvolle
Mitarbeit, der Kunsthandwerker, der Berliner Kunsthochschule, an der Büning
Lehrer ist.
Treppenpfosten
(Foto: Gertrud Saupe, Berlin)
Kamin im Damenzimmer
(Foto: Gertrud Saupe, Berlin)
Kamin mit Böcken und Geschirr
Im Speisezimmer ist der Versuch
gemacht, durch Wandmalereien eine festliche Wirkung zu erzielen, um
den Raum über das Niveau der übrigen täglich benutzten
herauszuheben. Prof. Adolf Strübe, ebenfalls Lehrer an der Berliner
Kunsthochschule, hat unter Mitarbeit von Fräulein Mathes und Frau
Vogel den Raum auf blaugrün getönten Wänden in zart abgestimmten
Farben ausgemalt. Jünglinge und Mädchen, Blumen und Tiere sind
leicht und scheinbar flüchtig hingeworfen. Durch feine Abwägung der
Flächen und sicheres Absetzen der Töne wird die Wirkung des Raumes
gesteigert. Es ist ein bemerkenswertes Beispiel des Zusammenwirkens
einer auf moderner Naturanschauung beruhenden freien Malweise mit
strenger Raumbildung. Durch die feinen dunkelbraunen Kredenz- und
Silbertische nach Bünings Entwürfen, die unter den Bildern an den Wänden
stehen, wird der Eindruck noch gehoben.
(Foto: Gertrud Saupe,
Berlin)
Wandmalereien
Entwurf der Kredenz:
Wilhelm Büning
Bei der Anlage des Gartens,
die unter Mitwirkung des Gartenarchitekten Wiepking entstand, war die
schwierige Aufgabe zu lösen, den Garten einerseits mit dem Haus eng
zu verbinden, ihn andererseits aber ohne Begrenzung in die völlig
unkultivierte Flusslandschaft übergehen zu lassen.
(Foto: Gertrud Saupe, Berlin)
(Foto: Gertrud Saupe, Berlin)
Blick auf Rosengarten und Bootshaus
Die hier gefundene Lösung der
schönen Aufgabe ist in jeder Hinsicht vorbildlich."15